BMW Motorradwerk in Berlin

Viele Sportfreunde unserer Motorradgruppe fahren seit Jahren eins, die Wechselbereiten kaufen sich eins und viele andere hätten gern eins, auch wenn sie es nicht offen zugeben würden - ein BMW Motorrad.

Mit mehr als 20% Marktanteil bei neu zugelassenen Motorrädern in 2018 liegt BMW unangefochten auf Platz 1 am deutschen Markt. Doch woher kommen diese Motorräder, die zumindest vom Namen eindeutig Bayern zuzuordnen sind? Natürlich aus der Hauptstatt Berlin und dem dort in Spandau ansässigen Hauptwerk.

1939 kaufte BMW die in Berlin ansässige Firma Brandenburgische Motoren Werke GmbH und baute  bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges vorrangig Flugzeugmotoren.

Ab 1949 wurden in Berlin Motorradteile für das Münchner Stammwerk gefertigt, eine kühne Entscheidung und eine logistische Herausforderung angesichts der damaligen Teilung Deutschlands und Berlins. Mit der Steigerung der Verkaufszahlen in den 70 er Jahren und einer notwendigen Verlagerung der Motorradproduktion aus München, fiel die Entscheidung für den Standort Berlin und so startete 1969 die Endmontage der ersten Motorräder in Spandau. Seit diesem Zeitpunkt entwickelte sich die Produktpalette kontinuierlich weiter, das Werk expandierte, wurde modernisiert und heute laufen täglich bis zu  700 Maschinen vom Band.

Es gab und gibt also viele Gründe, dem Werk einmal persönlich einen Besuch abzustatten und zu schauen, wie ein BMW Motorrad denn eigentlich entsteht.

Bereits im November 2018 startete Heiko die Initiative und allein an der Wartezeit bis zum eigentlichen Besuch sieht man, dass nicht nur wir Interesse an einer Werksführung hatten.

Am 05.03.2019 war es dann soweit und es ging mit der Bahn in Richtung Berlin.

 

Da noch ausreichend Zeit war, gab es eine kleine Stärkung beim Bäcker Wiedemann in den Spandauer-Passagen, bevor es dann, für Motorradfahrer ansonsten völlig untypisch, zu Fuß in das ca. 2 km entfernte BMW Werk ging, wo wir trotz einiger Wetterkapriolen rechtzeitig ankamen.

Nach einer kurzen Einweisung im Besucher-Pavillon, wo sich der eine oder andere schon einmal mit seinem neuen Motorrad vertraut machen konnte, erfuhren wir neben der bereits oben erwähnten geschichtlichen Entwicklung einige Erfolgszahlen.
So wuchs die Anzahl der im Jahr ausgelieferten Motorräder von 115.215 im Jahr 2013 auf 164.153 im Jahr 2017 mit einer kontinuierlichen jährlichen Steigerung. Das Ergebnis im Segment Motorrad lag im Jahr 2017 vor Steuern bei 205 Mio. Euro, beinhaltete damit eine Steigerung von 10,8 % im Vergleich zum Vorjahr und ist damit das erfolgreichste Produktsegment innerhalb des BMW Konzerns. Die entscheidende Rolle auf dem europäischen Markt spielen dabei die Hauptsegmente Touring und Reiseenduro.

Interessant war zu hören, dass wie beim Auto für jedes produzierte Motorrad eine verbindliche Bestellung vorliegt, keine Lagerhaltung vorgesehen ist und damit auch die speziellen Kundenwünsche hinsichtlich Ausstattung und Farbgestaltung berücksichtigt werden können.

Vor der Besichtigung der eigentlichen Produktionsstätten gab es eine klare Anweisung: Keine Fotos, keine Filme, das Handy bleibt in der Tasche. Man will sich wohl doch nicht so genau in die Karten sehen lassen, was aber zu verstehen ist, schließlich setzt man in einigen Bereichen auf Hochtechnologie.
Die meisten Motorradteile werden direkt im Berliner Werk gefertigt bzw. bekommen hier ihre letztendliche Form. Aus diesem Grund gliedert sich der Produktionsprozess in die Bereiche  mechanische Fertigung,  Motormontage, Lackiererei, Montage und Logistik. Die Zeit wäre zu knapp, um alle Bereiche zu besichtigen, ich denke aber, wir haben die wichtigsten Bereiche sehen können.

In der mechanischen Fertigung, die im Wesentlichen vollautomatisiert abläuft, konnten wir erleben, wie in mehreren Verarbeitungsschritten aus einem Rohling eine präzise gewuchtete Kurbelwelle entsteht und wie in jedem Schritt eine Annäherung an den Idealzustand erfolgt. Wir konnten sehen, wie Pleuel-Stangen produziert werden, die obwohl sie nur minimale Toleranzen ausweisen, von Robotern so sortiert werden, dass nach der Verbauung im Motor keine Unwucht erzeugt wird und am Ende des Produktionsschrittes alle Teile für die Motormontage bereit stehen.

Die Montagebänder für die Motoren, die in einer U-Form aufgebaut sind, bestehen aus mehreren Stationen, in denen Teil für Teil der fertige Motor entsteht. Bei aller Hochtechnologie, die in der mechanischen Fertigung zu sehen war, besteht die Montage vorwiegend aus Handarbeit, die viel Aufmerksamkeit und Gewissenhaftigkeit erfordert, um in ca. 2 Stunden einen Motor zu produzieren.
Jeder Motor wird über moderne Prüfverfahren auf seine Qualität insbesondere Dichtheit geprüft, bevor er der weiteren Produktionskette zugeführt wird.

Weiter führte uns der Weg zur Felgenmontage und auch hier ist viel Handarbeit angesagt, um die Speichen in den Felgenrohling einzusetzen. Maschinen übernehmen das Spannen der Speichen und letztendlich wird der Reifen aufgezogen und mit der weltbekannten „Berliner Luft“ befüllt, bevor auch er seine Reise zum nächsten Verarbeitungsschritt antritt.

In der Montage, auch Hochzeit genannt, werden alle vorsortierten Teile der Vorfertigung in den Rahmen eingepasst. Charakteristisch für die BMW-Motorraproduktion sind die gelben „C-Haken“, die an einem Schienensystem durch die Montagehalle gleiten, auf denen die Motorräder die verschiedenen Fertigungsschritte durchlaufen und ihre endgültige Form erhalten.

Auf dem Prüfstand muss jedes Motorrad erstmalig mit laufendem Motor unter Beweis stellen, dass alle  Komponenten störungsfrei zusammenarbeiten und keine Mängel vorliegen.

In einem letzten Nachbereitungsschritt werden Sonderwünsche der Kunden verbaut, die nicht in den Standardmontageprozess integriert werden können, bevor  das Motorrad in Kisten verpackt an die Logistik übergeben wird.

Nach der Rückkehr in das Besucherzentrum waren wir doch sichtlich beeindruckt von dem, was wir hören und erleben durften.

Etwas erschöpft aber gut gelaunt ging es zurück in Richtung Bahnhof, von wo wir unseren Rückweg in Richtung Hannover antraten und wohlbehalten ankamen.

Es war ein interessanter, ereignisreicher und gelungener Tag und wie so oft an dieser Stelle ein ganz herzlichen Dank an Heiko, der als Organisator wieder einen super Job gemacht hat.

Für weiteres Interesse:
https://www.youtube.com/watch?v=8PdPBUHtNb0

VH (06.03.2019)